Buch: Inti, der Kolibri - Shaman Kuntur

Buch - Inti, der Kolibri - Shaman Kuntur

Autor: Shaman Kuntur (Arturo Cervantes)

Aus dem peruanischen Spanisch übersetzt von Mandira C. Helmich
ISBN: 978-3-9824445-0-5
Verlag: Muna Wasi e.V. Deutschland

Das Buch INTI, DER KOLIBRI ist eine berührend, einfühlsam erzählte Fabel für Jugendliche und Erwachsene.
Verschiedene Tiercharaktere setzen sich mit den existentiellen Fragen des Lebens und der Liebe, sowie der schamanischen Weisheit der andinen Tradition Perus auseinander.
Der komplette Erlös aus dem Verkauf des Buches fließt in die gemeinnützige Arbeit des Muna Wasi e.V. in Peru.

Kleine Leseprobe aus Kapitel 2 (S. 43 – 46):

Inti unterbrach das Schweigen der Nacht, und aus der Tiefe seines Herzens trat jenes Gefühl hervor, das sein ganzes Sein bewegte; er fragte und versuchte seine Angst zu verbergen:
„Meister, was ist die Liebe?”
Die Antwort ließ nicht lange auf sich warten, und der alte Uhu, ein aufmerksamer Erzieher, sprach mit großer Warmherzigkeit:
„Die Liebe ist die göttlichste Energie, die in unseren Herzen und Seelen wohnen kann… Sie kommt direkt aus der großen Quelle, die der Große Geist selbst ist; die Liebe ist die erhabenste Manifestation von ihm und seiner ganzen wunderbaren Schöpfung... die Liebe, in ihrer reinsten Essenz, ist bedingungslos, ist frei, ist harmonisch und fruchtbar… sie ist heilig! …Göttlich!
Sie ist die perfekte Verbindung zweier Seelen, die sich im Schmelztiegel des heiligen Feuers verschmelzen, um sich in eine unauflösbare und untrennbare Einheit zu verwandeln, aber mit Gedanken, Gefühlen, Emotionen, Wünschen und Aktionen in respektvoller und gegenseitiger Freiheit!
Die Liebe sucht man nicht, als wäre sie ein Zufluchtsort im Wald, man kann sie weder kaufen noch verkaufen, sie ist rein spirituell… Wie kann eine Blume die Kosten für den morgendlichen Tau bezahlen, der sie verschönt und ihr Leben schenkt?... Die Liebe belohnt man nur mit Liebe, und so wie wir durch unsere Eltern kommen, durch ihre Aktion der Liebe, müssen wir unsere Leben ausdehnen und die Liebe durch unsere Kinder fließen lassen, und diese wunderbare Energie in all unsere Nachkommen säen, in ihre Herzen, in ihren Geist und ihre Leben…
Die Liebe ist somit ein Atem, der durch die Flöte, die wir sind, zirkuliert, um sich in eine schöne Melodie zu verwandeln, die sich mit dem Konzert des großen Architekten und Schöpfers des Universums verbinden wird.
Die Liebe ist Einheit, Frieden, Harmonie; Fruchtbarkeit und Glück, alles zusammen; sie kommt niemals mit Fesseln, Kontrolle, Leiden oder Traumas. Die Liebe ist die wunderbare Energie, die uns heilt, transformiert, wiederbelebt, schützt und uns inspiriert. Die Liebe erlaubt uns, uns in höhere spirituelle Ebenen auszubreiten… Die Liebe kommt vom Schöpfer und bringt uns dem Göttlichen näher!“
“Meister Tuko, wie können wir den Großen Schöpfergeist verstehen oder fühlen? Geschieht dies durch eine Glaubensrichtung oder einen Kult?“, fragte Piwi.
„Der Große Schöpfergeist ist weder eine Religion noch Teil eines Glaubensbekenntnisses, einer Lehre oder Philosophie. Den Großen Geist kann man nicht mit unseren Regeln, unseren Notwendigkeiten, mit unserer Moral und Intelligenz, oder mit unseren Parametern oder Begrenzungen verstehen, so als ob wir eine Leere füllen oder ein Rätsel lösen möchten… Er ist kein Besitz oder Wahrheit einer Glaubensrichtung oder einer einzigen Religion, zu der man sich bekennt… im endlosen Universum, im Makro- und im Mikrokosmos ist seine Liebe manifest für alle, ohne jegliche Unterscheidung oder Diskriminierung.
Der Große Geist ist kein heiliges Geheimnis, wir können ihn in seiner gesamten heiligen Schöpfung fühlen und sehen… Ist er nicht gegenwärtig in der Morgendämmerung eines Tages, in den fruchtbaren Strahlen der Sonne und in der befruchtenden Einheit des Regens und der Erde? Es ist möglich, ihn zu sehen und ihn zu hören, in seiner großen kosmischen Sinfonie, im Glanz des Mondes und der Sterne, im Lied des Flusses, vereint mit dem der wildlebenden Vögel… Er wohnt im Schoß einer Mutter oder in der schützenden Kraft eines liebevollen Vaters. Ihr könnt ihn in der großen Vielfalt der verschiedenen festlichen Gewänder der Blumen sehen und ihn in ihren Düften riechen. Um ihn zu verstehen und zu fühlen braucht ihr keinen anderen schöneren Tempel als euer eigenes Herz, und wenn Er in unserem Sein wohnt, so wird unser Leben seine Religion sein.“
Mit diesen Reflektionen von Tuko entband er die drei Freunde von ihren Unsicherheiten, während die Nacht schon zurücklag; die ersten goldenen Sonnenstrahlen kündigten bereits den neuen Tag an, Venus versteckte sich am Horizont, um dem morgendlichen Gebet, das die ganze Natur ihrem Schöpfer bot, Platz zu machen. Die Blumen öffneten ihre Blätter und schenkten ihren süßesten Duft, während der Morgentau zärtlich ihre Gesichter streichelte; die ersten Gesänge der Vögel waren bereits gemeinsam mit dem magischen Pfeifen des Windes zu hören. Tuko beschloss, die Versammlung zu beenden, und nach einer kurzen Verabschiedung flog er zu einem nicht bekannten Ziel.
Unsere drei Freunde wurden im Lauf der Tage unzertrennlich; sie blieben zusammen, und einer kümmerte sich um den anderen in den Gefahren, die ihnen auf der Suche nach Nahrung und einem neuen Lebenssinn an jenen abgelegenen Orten auflauerten. In den Tiefen ihrer Herzen beherbergten sie die aufkeimende Hoffnung, anders als ihre Artgenossen zu sein, ihre Leben nicht in einem Teufelskreis des puren Überlebens zu verbringen, sondern die Sehnsucht, etwas Wichtigeres zu erreichen, als sich an der üblichen täglichen Routine festzuhalten. (…)

Für Rückfragen und weitere Informationen:  
Homepage: mandira-helmich.de
Mail: muna-wasi[at]gmx.de